Einleitung
Ein schmaler Oberkiefer fällt oft zuerst durch schiefe oder eng stehende Zähne bei Kindern auf. Tatsächlich betrifft dieses Problem je doch weit mehr als nur das Lächeln: Es kann Auswirkungen auf die Atmung, die Schlafqualität, die Sprachentwicklung und sogar auf die gesamte Körperhaltung haben. Eine frühzeitige Erkennung und Behandlung sind entscheidend, um spätere Komplikationen zu vermeiden.
Was ist ein schmaler Oberkiefer?
Ein schmaler Oberkiefer liegt vor, wenn die Breite des Oberkiefers im Vergleich zum Unterkiefer oder zur Schädelbasis zu gering ist. Dies kann zu Zahnfehlstellungen wie Engstand oder Kreuzbiss führen und hat auch Auswirkungen auf die Nasenatmung und die Kiefergelenke.
Mehr über die kieferorthopädische Frühbehandlung erfahren Sie hier.
Ursachen eines schmalen Oberkiefers
Ein schmaler Oberkiefer entwickelt sich oft bereits in früher Kindheit. Zu den wichtigsten Ursachen gehören:
• Daumenlutschen oder Fingernägelkauen: Dauerhafte mechanische Belastung beeinträchtigt das Oberkieferwachstum.
• Zu kurzes Zungenbändchen: Die Zunge kann ihre nötige Ruhelage im Gaumen nicht einnehmen.
• Offene Mundhaltung: Bedingt durch Allergien, Infektionen oder vergrößerte Mandeln, die die Nasenatmung behindern.
• Infantiles Schlucken: Wenn die Umstellung vom Säuglings- auf das Erwachsenen-Schluckmuster verzögert ist.
Frühzeitige kieferorthopädische Kontrollen (ab etwa 4-5 Jahren) sind daher wichtig.
Weitere medizinische Informationen zur Entwicklung des Oberkiefers und zur frühzeitigen Diagnostik finden Sie auf der Website der Universitätsklinik Gießen und Marburg.
Infantiles Schlucken und Zungenlage in der Entwicklung
In den ersten Lebensmonaten schlucken Säuglinge nach dem sogenannten infantilen Muster: Die Zunge drückt beim Schlucken gegen oder zwischen die Kieferleisten. Dieses Muster ist normal, solange noch keine Zähne vorhanden sind.
Mit dem Durchbruch der Milchzähne sollte sich das Schluckmuster umstellen: Die Zunge sollte in Ruhe oben am Gaumen liegen und beim Schlucken gegen den Gaumen drücken. Bleibt das infantile Schluckmuster jedoch bestehen, kann es zu:
• Engstand,
• offenem Biss
• oder einem schmalen Oberkiefer kommen.
Zungenlage je nach Altersstufe:
• 0–6 Monate: Zunge zwischen den Kieferleisten (infantiles Schluckmuster)
• 6–18 Monate: Umstellung auf Erwachsenen-Schluckmuster beginnt
• ab 2 Jahren: Zunge ruht am Gaumen
Eine frühzeitige Erkennung und Behandlung von Schluckstörungen ist entscheidend.
Folgen eines schmalen Oberkiefers
• Zahnfehlstellungen (Engstand, Kreuzbiss)
• Beeinträchtigte Nasenatmung und chronische Mundatmung
• Erhöhtes Risiko für Schnarchen und Schlafapnoe
• Sprachentwicklungsstörungen
• Verspannungen im Kiefer-, Kopf- und Nackenbereich
Behandlungsmöglichkeiten
Je nach Alter, Ausprägung und Wachstumspotential stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung.
A) Herausnehmbare Platten
• Vorteile: Sanfte, langsame Dehnung; kein operativer Eingriff.
• Nachteile: Hohes Maß an Tragedisziplin notwendig; behindert Zungenlage und Sprachentwicklung.
B) Festsitzende Gaumennaht-Erweiterung (GNE)
• Vorteile: Sehr schnelle Dehnung innerhalb von 1–2 Wochen; verbessert oft die Nasenatmung.
• Nachteile: Anfangs unangenehm, selten Einfluss auf Nasenform.
C) Quadhelix / TPA
• Vorteile: Zierlicher als klassische GNE, geeignet für moderate Dehnungen.
• Nachteile: Längere Dehnungsdauer.
D) Implantatgetragene Dehnapparaturen
• Vorteile: Sehr stabil, präzise Dehnung möglich.
• Nachteile: Operativer Eingriff notwendig; Risiko für Wachstumsstörungen.
E) Funktionstherapeutische Geräte
(z.B. Aktivator, Bionator, Funktionsregler nach Fränkel)
• Vorteile: Passive Dehnung des Oberkiefers, Förderung der natürlichen Zungenlage.
• Nachteile: Effektivität stark abhängig von der Mitarbeit des Kindes.
F) Chirurgisch unterstützte Gaumennaht-Erweiterung (SARME)
• Vorteile: Möglich auch bei Erwachsenen, bei verknöcherten Kieferstrukturen.
• Nachteile: Chirurgischer Eingriff notwendig.
G) Aligner-Systeme (z.B. Invisalign Palatal Expander)
• Vorteile: Fast unsichtbar, sehr dünn, einfach zu tragen und gut zu reinigen.
• Nachteile: Disziplin ist erforderlich
Therapieoptionen für einen schmalen Oberkiefer
Je nach Alter, Ausprägung und Wachstumspotential stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung.
Methode | Vorteile | Nachteile |
---|---|---|
Herausnehmbare Platten | Sanfte Dehnung, keine festen Elemente im Mund | Benötigt hohe Tragedisziplin, behindert Zungenlage und Sprache |
Festsitzende Gaumennaht-Erweiterung (GNE) | Schnelle Dehnung (1-2 Wochen), verbessert Nasenatmung | Anfangs unbequem, seltene Beeinflussung der Nasenform |
Quadhelix / TPA | Zierlicher als klassische GNE, geeignet für moderate Dehnungen | Dehnung dauert länger |
Implantatgetragene Dehnapparaturen | Sehr stabil und effektiv bei komplexen Fällen | Operativer Eingriff notwendig, Risiko für Wachstumsstörungen |
Funktionskieferorthopädische Geräte (z.B. Bionator, Aktivator) | Fördern natürliche Zungenlage, beeinträchtigt die Sprache beim Tragen | Erfordert konsequente Mitarbeit |
Chirurgisch unterstützte Gaumennaht-Erweiterung (SARME) | Möglich auch bei Erwachsenen | Chirurgischer Eingriff erforderlich |
Aligner (Invisalign + Palatal Expander) | Dehnung und Zahnkorrektur kombinierbar, fast unsichtbar, gute Zungenlage möglich | Disziplin erforderlich |
Zusammenfassung: Wann welche Methode?
• Frühzeitig, bei kleinen Dehnungsbedürfnissen (1–2 mm): Rausnehmbare Platten, funktionstherapeutische Geräte.
• Moderate Dehnung (>2 mm, <4 mm): Festsitzende Geräte wie GNE oder Quadelix.
• Große Dehnung (>4 mm): Festsitzende GNE, implantatgetragene Dehnung oder chirurgische Erweiterung.
• Bei Erwachsenen: Chirurgisch unterstützte Gaumennaht-Erweiterung oder Aligner in Kombination mit Expandern.
Fazit
Ein schmaler Oberkiefer betrifft weitaus mehr als nur die ästhetische Zahnstellung. Atemwegserkrankungen, Sprachprobleme und Haltungsschäden können die Folge sein. Je früher die Problematik erkannt wird, desto einfacher und sanfter verläuft die Behandlung. Eine erste kieferorthopädische Untersuchung sollte bereits im Vorschulalter erfolgen.
Hinweis:
Eine individuelle Beratung und Diagnostik durch den Kieferorthopäden ist unerlässlich, um die beste Therapie für jeden einzelnen Patienten zu finden.